Superpower Röntgenlicht
100. Todestag von Wilhelm Conrad Röntgen am 10. Februar 2023: Von seiner ersten Röntgenaufnahme bis zum einzigartigen Röntgenmikroskop in Hamburg.
Das weltweit erste Röntgenbild zeigt die Handknochen von Wilhelm Conrad Röntgens Ehefrau und wurde vor mehr als 100 Jahren von ihm erstellt. Heute bilden Röntgenstrahlen weit mehr als Knochen ab - seit seiner Entdeckung hat das „Röntgen“ eine eindrucksvolle Karriere gemacht: Zollbeamte durchleuchten damit LKW und Container. Am Flughafen durchdringen die Strahlen jedes Gepäckstück und mit sogenannter Röntgenfluoreszenzanalyse werden verborgene Farbschichten in historischen Gemälden entdeckt.
Am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg jedoch wird das Röntgen auf die Spitze getrieben: So ist das Röntgenlicht bei DESY circa 1 Million Mal heller als das Licht in der Arztpraxis, und die erzeugten Röntgenstrahlen der Röntgenlichtquelle PETRA III sind bis zu 5000-mal feiner als ein menschliches Haar. Damit untersuchen bei DESY etwa 6000 Forschende pro Jahr extrem kleine Proben. Winzige Kristalle aus Eiweißen für die Medizin ebenso, wie Quantenmaterialien für die Festplatten der Zukunft.
Doch das ist den Forschenden noch nicht genug. Sie wollen noch besser verstehen, was auf kleinster, molekularer Ebene passiert. Sie planen daher ein einzigartiges Röntgenmikroskop: PETRA IV. Mehr als 80 Ingenieurinnen und Ingenieure, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dafür ein Konzept ausgearbeitet.
Der neue Röntgenstrahl lässt sich bis auf einen Nanometer Durchmesser fokussieren. Der Vorteil dieser um den Faktor 1000 verbesserten Strahleigenschaft gegenüber PETRA III: Kleinste Vorgänge - zum Beispiel im Zellkern einer Zelle oder im Kristall eines Metalls - lassen sich live verfolgen. Durch die Größe des PETRA-Beschleunigers von 2,3 Kilometern wird Bündelung des Strahls bis hin zu sehr kurzen Röntgenwellenlängen möglich sein. Diese Brillanz schafft weltweit keine vergleichbare Röntgenlichtquelle. Wissenschaftler:innen werden an PETRA IV Experimente durchführen können, die weltweit nur an dieser Anlage möglich sind.
Bedarf an den Analysemethoden von PETRA IV ist groß: Es gibt viele Forschungsfragen, die mit Röntgenlicht geklärt werden könnten.
Wie schaffen es Bakterien, immun gegen ein Antibiotikum zu werden? Warum bereitet sich ein Riss in der Eisenbahnschiene aus? Wo sind im Halbleiter des Chips eventuelle Bruchstellen? Die heutigen Analysemethoden geben darauf nicht immer eine befriedigende Antwort. Mit dem neuen Licht von PETRA IV wollen die Forschenden diese Fragen zukünftig klären.
Ob Wilhelm Conrad Röntgen wohl ahnte, welche bahnbrechenden Erkenntnisse seine nach ihm benannte Technik einmal liefern wird?
Heidrun Hillen
Als Ansprechpartnerin im PETRA IV-Projekt bin ich für Sie da.