Vielversprechende Unordnung

An PETRA IV lassen sich aussichtsreiche Materialien untersuchen, die für zahlreiche Zukunftsentwicklungen interessant sind – von haltbareren Batterien bis zu extrem schnellen Superrechnern. Die besondere Eigenschaft dieser Materialklasse: Sie sind besonders stabil, weil ihre Atome im Kristall rein zufällig verteilt sind.

Eine junge, aber aussichtsreiche Materialklasse sind Hochentropie-Oxide. Diese Materialien setzen sich aus Sauerstoff sowie aus mindestens fünf Metallen zusammen. Sie scheinen für zahlreiche Anwendung interessant zu sein, etwa für bessere und haltbarere Batterien oder kratzfestere Smartphone-Displays. Heute lassen sich mit PETRA III die Eigenschaften dieser Stoffe untersuchen. Mit den feinen, hochfokussierten Röntgenstrahlen von PETRA IV könnten solche Analysen noch sehr viel detaillierter ablaufen.

Kristallförmige Darstellung des Hochentropie-Oxids.
Beispiel für ein Hochentropie-Oxid, hier dargestellt zwischen den Stempeln einer Diamantstempelzelle, mit deren Hilfe sich das Material unter steigenden Druck setzen lässt. Bild: Center for High Pressure Science, Qiaoshi Zeng

Ein Beispiel für ein Hochentropie-Oxid ist eine Substanz, die 50 Prozent aus Sauerstoff besteht und zu jeweils 10 Prozent aus Kobalt, Kupfer, Magnesium, Nickel und Zink. Das Entscheidende: Die Metallatome sind rein zufällig, also ohne erkennbare Ordnung, im Kristall verteilt. Diese Unordnung – im Fachjargon hohe Entropie genannt – stabilisiert das Material.

„Ähnlich wie bei einer Legierung lassen sich die Eigenschaften dieser Materialien durch die Wahl der Metall­zusammensetzung gezielt maßschneidern.“
Portrait-Foto von Konstantin Glazyrin
Konstantin Glazyrin DESY-Forscher

Eine ähnliche Materialklasse, die Hochentropie-Hydride, könnte für effiziente Wasserstoffspeicher infrage kommen – wichtig für die Energiewende.

Schon heute lassen sich grundlegende Eigenschaften dieser Substanzen mit PETRA III analysieren. So hat ein Team vor einiger Zeit entsprechende Kristalle buchstäblich unter Hochdruck gesetzt und dabei beobachtet, wie das Kristallgitter immer stärker deformiert wurde. Damit lässt sich der Einfluss von chemischen Beimischungen simulieren, welche die Eigenschaften der Materialien verändern und im Idealfall verbessern.

„Mit PETRA IV dürften sich solche Experimente deutlich detaillierter durchführen lassen als bislang“, hofft Konstantin Glazyrin. „Außerdem sollte es möglich sein, die magnetischen oder elektrischen Eigenschaften von Bauteilen aus Hochentropie-Materialien zu untersuchen, während sie in Aktion sind.“

Die daraus erwachsenden Anwendungen könnten überaus breitgestreut sein – von kleineren und effizienteren Elektronik­bauteilen für die Unterhaltungs­elektronik bis zu Quanten­prozessor­komponenten für den extrem schnellen Superrechner der Zukunft.

 

Portrait-Foto von Heidrun Hillen
Presse und Medien / Öffentlichkeitsarbeit

Heidrun Hillen

Als Ansprechpartnerin im PETRA IV-Projekt bin ich für Sie da. 

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