Speed-Dating für Wirkstoffe

Neue Krankheitserreger bedrohen die Gesundheit der Menschen; die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und multiresistenten Keimen erfordert neue Ansätze mit maßgeschneiderten Wirkstoffen. PETRA IV könnte die Fahndung nach neuen Substanzen entscheidend beschleunigen.

Die Kristallstrukturanalyse ist eine effektive Methode für die Suche nach neuen medizinischen Wirkstoffen. Das Prinzip: Potenzielle Wirkstoffe werden gemeinsam mit jenem Molekül kristallisiert, an dem sie angreifen sollen, etwa einem bestimmten Protein.

Diese Kristalle werden dann mit intensiver Röntgenstrahlung beleuchtet, etwa von PETRA III. Als Resultat können die Fachleute präzise erkennen, ob ein Wirkstoffkandidat wie erhofft an das Protein bindet oder nicht. PETRA IV hat das Potenzial, dieses Wirkstoff-Screening deutlich schneller und damit effizienter zu machen.

Der DESY-Forscher Alke Meents steht im Arbeitsbereich des Beschleunigers PETRA III.
Bild: DESY, Christian Schmidt
„In Zukunft wollen wir Siliziumchips verwenden, auf denen viele Kristalle gleichzeitig aufwachsen und anschließend in einem Arbeitsgang durchleuchtet werden können – und zwar vollautomatisch.“
Alke Meents
Alke Meents DESY-Wissenschaftler

Zu Beginn der Coronapandemie gelang es bei DESY, innerhalb kürzester Zeit 7700 Kristalle zu untersuchen, jeder von ihnen mit einem anderen Wirkstoffkandidaten. Dabei fanden sich mehrere Stoffe, die an ein bestimmtes Virusprotein binden – die Hauptprotease. Könnte diese per Medikament blockiert werden, wäre das Virus außer Gefecht.

In nachfolgenden Tests hat sich einer dieser Wirkstoffe als besonders aussichtsreich erwiesen und wird nun weiter untersucht. Später nahm das Team auch andere Zielproteine wie das körpereigene Cathepsin L ins Visier und stieß auf einige Kandidaten, die dieses für die Virusvermehrung wichtige Protein hemmen könnten.

„Wir hoffen, den Durchsatz um das Fünf- bis Zehnfache zu erhöhen. So können wir dann in der gleichen Zeit bis zu zehnmal mehr Proteine analysieren und so schneller neue Wirkstoffe finden.“ 

 

Hinzu kommt: Bei PETRA III wird bislang monochromatische, also einfarbige Röntgenstrahlung eingesetzt. Mit PETRA IV ließe sich polychromatische, mehrfarbige Strahlung verwenden. Dieser Zuwachs an Strahlungsintensität dürfte die Messungen erheblich beschleunigen.

Der höhere Durchsatz könnte unter anderem eine solide Datenbasis für die Entwicklung mächtiger KI-Algorithmen ermöglichen. So kann der „AlphaFold“-Algorithmus bereits heute die räumliche Gestalt vieler Proteine berechnen. Irgendwann könnten ähnliche Programme, ausgehend von den Messdaten etwa von PETRA IV, vorhersagen, welche Wirkstoffe besonders effektiv an ein Protein binden – ein möglicher Paradigmenwechsel für das Medikamenten-Screening.

Johanna Hakanpaeae

Proteine bei der Arbeit

8 Personen, 7 Länder, 4 Alphabete, 3 Kontinente: Im Video stellen Johanna Hakanpää und Spyros Chatziefthymiou ihre Arbeit und vor allem ihr internationales Team vor.

Portrait-Foto von Heidrun Hillen
Presse und Medien / Öffentlichkeitsarbeit

Heidrun Hillen

Als Ansprechpartnerin im PETRA IV-Projekt bin ich für Sie da. 

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